Verkündet das Evangelium allen Geschöpfen! (Mk 16,15): SONNTAG DER WELTMISSION

Wussten Sie, dass der Auferstan-dene am Schluss des Markus- evangeliums den Aposteln aufträgt, das Evangelium der ganzen Schöp- fung zu verkünden?

 

Am Ende seines Evangeliums schildert der Evangelist Markus die Begegnung der Apostel mit dem Auferstandenen. Dieser trägt ihnen auf: Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung! (Mk 16,15)

(In manchen Übersetzungen ist die Rede von "allen Geschöpfen".) Oft wurde seither gerätselt, wie diese Worte zu verstehen seien: Sind nicht doch nur die Menschen gemeint? Ein Ausspruch des hl. Franz von Assisi kann in diesem Zusammenhang erhellend wirken: Verkündet das Evangelium – notfalls auch mit Worten!

 

Barmherzigkeit an der leidenden Kreatur zu üben, thematisiert bereits das alttestamentliche Buch der Sprichwörter: Der Gerechte weiß, was sein Vieh braucht, doch das Herz der Frevler ist hart. (Spr 12,10)

 

               Verkündet das Evangelium -              notfalls auch mit Worten!

Franz von Assisi

Evangelisieren 

 

Evangelisieren heißt nicht,

Ausbreitung des christlichen Systems.

Evangelisieren heißt,

geschwisterlich zusammenleben,

die Arbeit teilen,

das Leben der anderen mitverantworten,

seine Kultur wertschätzen,

denn jede Kultur birgt Keime

der ewigen Wahrheit.

Evangelisieren heißt: leben, weinen,

lachen, arbeiten und sterben

in der Welt des andern,

um mit ihm gemeinsam erlöst zu werden.

Leonardo Boff

Wussten Sie, dass die Berufung der ersten Jünger Jesu möglicherweise einen tierethischen Aspekt auf- weist?

 

Markus und Matthäus überliefern über- einstimmend die Berufung der ersten Jünger: Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, die auf dem See ihre Netze auswarfen; sie waren nämlich Fischer. Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Und sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach. (Mk 1,16ff)

Das Beenden ihrer Tätigkeit als Fischer wird manchmal auch unter tierethischen Aspekten gedeutet. Hatte Jesus das auch im Blick? Allerdings galten Fische in der jüdischen Tradition, in der Jesus und die Jünger standen, als "koscher", das heißt, "rein" bzw. "tauglich" zum Verzehr.

Ganz anders wurde und wird die Jagd im Judentum gesehen. Sie gilt als verpönt. Zahlreiche Tierschutzbestimmungen in den ersten "5 Büchern Mose" ließen diesen Erzvater des Glaubens sogar zum "1. Tierschützer" avancieren. Über allem steht das nicht näher definierte Tötungsverbot (5. Gebot). Blut- vergießen wurde eben nie als selbstverständlich angesehen.

Die Aufgabe der Kirche: Rettung des Planeten oder Erlösung des Menschen? Es ist nur ein scheinbarer Widerspruch. Beides hängt zusammen. Menschliche Gier, die den Planeten plündert, Lebensräume zerstört, Armut vergrößert und den Nachkommen ihre Zukunft raubt, führt eher nicht zur Erlösung...

Alle Verantwortungsträger auf wirtschaftlichem, politischem und sozialem Gebiet, alle Männer und Frauen guten Willens möchte ich herzlich bitten: Lasst uns "Hüter" der Schöpfung,des in die dieser unserer Natur hineingelegten Planes Gottes sein, Hüter des anderen, der Umwelt; lassen wir nicht zu, dass Zeichen der Zerstörung und des Todes den Weg dieser unserer Welt begleiten!

 

Die Berufung zum Hüten geht jedoch nicht nur uns Christen an; sie hat eine Dimension, die vorausgeht und die einfach menschlich ist, die alle betrifft. Sie besteht darin, die gesamte Schöpfung zu bewahren, wie uns im Buch Genesis gesagt wird und wie es uns der heilige Franziskus von Assisi gezeigt hat: Sie besteht darin, Achtung zu haben vor jedem Geschöpf Gottes und vor der Umwelt, in der wir leben.

P. Franziskus in seiner Antrittspredigt am 19. 3. 2013

Im Reichtum der Kulturen liegt ein Geschenk

Mission ist keine Einbahnstraße: Die Begegnung mit anderen Kulturen kann eine gegenseitige Bereicherung darstellen. Am Du wird der Mensch zum Ich. Voneinander zu lernen bietet die Chance, neue Perspektiven zu entwickeln, in Vergessenheit geratenes Wissen wieder zu entdecken und in eine neue Beziehung zu Schöpfer und Schöpfung zu finden. Im Reichtum der Kulturen liegt ein Geschenk. Im Folgenden dazu passend eine Auswahl an afrikanischen Sprichwörtern:

Wer lebt, ist reich genug.

(Kamerun)

Schönes wächst inmitten der Dornen. (Kongo)

Erzähle Gott nicht so sehr, wie groß deine Sorgen sind - erzähle vielmehr deinen Sorgen, wie groß Gott ist!

 

Die verschiedenen Wasser spiegeln den Mond, aber es ist immer derselbe Mond.

 

Glück ist immer einfach um die Ecke. (Uganda)

Das zuviel geleckte Kalb wird wund. (Westafrika)

Gott besucht uns häufig. Leider sind wir meist nicht zuhause.

(Pygmäen)Die 

                Die Weisheit wohnt nicht                 in einem einzigen Haus.

 

Die Eier unterrichten die Henne im Brüten.

(Westafrika)

Niemand erklärt einem Kind Gott.

(Ghana)

Evangelisierung: Ein Bettler sagt einem anderen Bettler, wo es etwas zu essen gibt. (Nairobi)

Man kann Weinenden nicht die Tränen                   abwischen, ohne sich die Hände                nass zu machen.

(Südafrika)

Das langsamste Kamel bestimmt das Tempo in der Karawane.

(Sudan)

              Was dich beißt, ist in deinen                eigenen Kleidern.

(Suaheli)

                     Europäer haben Uhren,                        Afrikaner haben die Zeit.

(Uganda)

Genieße das Leben wie eine gute Mahlzeit!  (Zulu)

Auf dem Grabstein eines englischen Geistlichen findet sich  folgender Ausspruch:

 

Als ich jung war und mein missionarischer Eifer grenzenlos, wollte ich die gesamte Welt umkrempeln. Später sah ich aber ein, dass das nicht möglich war und ich beschränkte mich darauf, mein Heimatland zu verändern. Auch dies erwies sich als unmöglich. In einem letzten Anlauf versuchte ich, meine Familie, die Menschen in meinem Umfeld zu verändern. Sie ließen es aber nicht zu.

Jetzt, wo ich dem Tode nah bin, weiß ich: Wenn ich nur mich selbst geändert hätte, hätte das wohl auch meine Mitmenschen inspiriert. Aus dieser Kraft heraus wären sie vielleicht fähig gewesen, in unserem Land Veränderungen anzustoßen - und wer weiß - vielleicht hätte das auch die Welt ein Stück weit verändert...

 

Sei du selbst die Veränderung, die du in der Welt antreffen möchtest!

Mahatma Gandhi

 

Als Mutter Teresa von einem Journalisten gefragt wurde, was sich in der Kirche alles ändern müsse, hat sie geantwortet: "Zwei Dinge: Sie und ich!"

Die gute Frage:

Wenn Sie alle Plakatwände der Welt zur Verfügung hätten - welche Botschaft würden Sie darauf anbringen lassen und warum?

Gemeinsam mit allen Geschöpfen gehen wir unseren Weg in dieser Welt - auf der Suche nach Gott, denn wenn die Welt einen Ursprung hat und erschaffen worden ist, dann suche nach dem, der sie erschaffen hat, nach dem, der ihr Schöpfer ist! Gehen wir singend voran! Mögen unsere Kämpfe und unsere Sorgen um diesen Planeten uns nicht die Freude und die Hoffnung nehmen.

P. Franziskus: Laudato si´, Nr. 244

 

Als die Erde mit all ihren Lebewesen erschaffen wurde, war es nicht die Absicht des Schöpfers, dass nur Menschen auf ihr leben sollten. Wir wurden zusammen mit unseren Brüdern und Schwestern in diese Welt gesetzt, mit denen, die vier Beine haben, mit denen, die fliegen und mit denen, die schwimmen. All diese Lebewesen, auch die kleinsten Gräser und die größten Bäume, bilden mit uns eine große Familie. Wir alle sind Geschwister und gleich an Wert auf dieser Erde.

Traditionelles Dankgebet der Irokesen

Ausschnitt aus "Das Königreich des Friedens", Edvard Hicks, 1830 - 1840, Öl auf Leinwand, Philadelphia Museum of Art

 

Es gibt nur eine einzige Waffe, um gegen so viel Übel anzukämpfen: das Evangelium!

Maria Theresia Ledochowska (1863- 1922), polnisch-österr. Ordensfrau, Gründerin der "Petrus Claver - Sodalität" und entschiedene Vorkämpferin für die Befreiung Afrikas aus der Sklaverei, 1975 selig gesprochen

Edward Hicks: Mit Bildern predigen

 

Wer den US-amerikanischen Maler Edward Hicks (1780 - 1849) in eine Online-Suchmaschine eingibt und auf "Bilder" klickt, wird überrascht sein: Es scheint, als hätte Hicks in Variationen immer dasselbe gemalt. Tatsächlich dreht sich sein ganzes Werk um das 11. Kapitel im biblischen Buch Jesaja, wo es heißt: 

 

Der Wolf findet Schutz beim Lamm, / der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, / ein kleiner Junge leitet sie. Kuh und Bärin nähren sich zusammen, / ihre Jungen liegen beieinander. / Der Löwe frisst Stroh wie das Rind. (...) Man tut nichts Böses / und begeht kein Verbrechen (...), denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des HERRN... (Jes 11,6-9)

 

Hicks war Anhänger der Quäker, einer christlich-pazifistischen Gemeinschaft, die sich seit je her gegen Sklaverei, Rassentrennung oder Krieg ausgesprochen hat und 1947 für ihr soziales Engagement in Europa nach den beiden Weltkriegen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Mit seinen naiv wirkenden Bildern aus einer "heilen Welt" wollte der Maler wohl auch predigen. Friede und Versöhnung - auch mit der Natur - ist möglich. Gerade in seiner Zeit, als sich die Kriege der Weißen gegen die Indigenen Nordamerikas und ihre Art zu leben, zuspitzten, eine ungeheure Botschaft...