FASTENZEIT

Wussten Sie, dass...

der Mensch die einzige Kreatur ist, die mehr nimmt, als sie zum Leben braucht?

 

Dieser auf Albert Schweitzer (1875 - 1965) zurückgehende Ausspruch wirft die Frage auf: Was brauchen wir  wirklich? 

Jeder Mensch hat Anspruch auf Liebe, Wertschätzung, Lernmöglichkeiten und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Am besten gelingt dies in heilender Gemeinschaft, im Genießen der Natur, mit gesunden Lebensmitteln, im Lernen aus eigener Intuition ohne Dauerbelastung von Körper und Seele, damit der Geist klar bleibt und Frieden nach sich zieht. Die Fastenzeit kann eine gute Gelegenheit sein, Selbstreflexion zu betreiben, um belastende Verhaltensweisen in unserem Alltag zu entlarven. Schauen wir uns alte Muster an, lösen wir sie auf und gestalten wir unseren Alltag menschen-, tier- und umweltfreundlich!

Lesen wir ein gutes Buch, setzen wir uns an den ersten warmen Frühlingstagen ins Freie, um zu meditieren oder gar ins Gespräch mit Gott zu kommen. 

Das Leben ist zu kurz, um Schädliches zu essen, Unsinniges zu lernen, Jahre hinter Bildschirmen zu verbringen, um sich dann Dinge zu kaufen, die wir für ein glückliches und gesundes Leben gar nicht benötigen!

Wussten Sie, dass...

das lateinische Wort "februa" zu  deutsch "Reinigungsmittel" bedeutet und nicht nur Namensgeber des Monats Februar ist, sondern auch das Wort "Fieber" davon abstammt? 

In vorchristlicher Zeit galt der Februar als Reinigungsmonat. Etwas davon klingt im Fest Mariä Reinigung, auch bekannt unter dem Namen Mariä Lichtmess, nach, das wir am 2. Februar feiern. Maria gilt ja gerade im katholischen Christentum als Prototyp eines glaubenden, ganz auf Gott vertrauenden Menschen. An ihr ist nichts "rein" zu machen, vielmehr wird sie als die Reine, Makellose verehrt, die uns zum Vorbild werden kann.

Es ist wohl kein Zufall, dass bald darauf die Fastenzeit beginnt. Fasten dient seit jeher auch der inneren wie äußeren Reinigung. Gerade bei uns in Österreich könnte etwas weniger mehr sein - liegt unser Fleischverbrauch doch im europäischen Spitzenfeld.

Dass eine Reduktion von Fleisch das Risiko, Herz- & Kreislauferkrankungen zu bekommen, spürbar senkt, ist medizinisch hinlänglich erwiesen. Die Tatsache, dass zum Anbau von Sojaschrot für unsere Schweinemast Regenwald gerodet wird und im Zuge dessen auch wertvolle Anbaufläche für die Ernährung der dort ansässigen Bevölkerung verloren geht, ist mehr als nur ein Schönheitsfehler: Es ist ein Skandal.

Die gute Frage:

Warum dauert die Fastenzeit 40 Tage?

Die Zahl "40" steht in der Bibel für eine lange, aber segensreiche Zeit: Moses wanderte mit seinem Volk 40 Jahre durch die Wüste. Jesus verbrachte vor seinem öffentlichen Wirken 40 Tage in der Wüste und wurde - so heißt es im Markusevangelium - vom Satan in Versuchung geführt. - Die Wüste als Ort der Einsamkeit, der Klärung, der Selbsterkenntnis.

"Er lebte bei den wilden Tieren und die Engel dienten ihm", heißt es bei Markus weiter. Viel ist über diese knappe Auskunft zum Wüstenaufenthalt Jesu spekuliert worden: Sind die wilden Tiere Boten Satans? Die Dämonisierung von Tieren als Verkörperung des Bösen hat eine lange unheilvolle Tradition.

Oder ist der Verweis auf die Tiere eine Anspielung auf einen paradiesischen Zustand, wie es bereits im Buch Jesaja verheißen wird: "Der Wolf findet Schutz beim Lamm, / der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, / ihre Jungen liegen beieinander..."? Die Mehrzahl der Schriftauslegungen neigt zu letzterer Annahme. Mit dem Auftreten Jesu beginnt eine neue Schöpfung. Vielleicht kann die Fastenzeit für uns Gelegenheit sein, schöpfungsfreundlich zu wirken?

"Pflege das Leben, wo du es triffst!" (Hildegard von Bingen)

Wenn du auch zehntausend Felder hast, kannst du nur ein Maß Reis am Tag essen, wenn auch dein Haus tausend Zimmer enthält, kannst du nur acht Fuß Raum brauchen bei Nacht. 

aus China

 

Nicht, wer wenig hat, sondern wer viel wünscht, ist arm.

Seneca

 

Vergiss nicht - man benötigt nur wenig, um ein glückliches Leben zu führen.

Mark Aurel

 

Zivilisation ist die unablässige Vermehrung unnötiger Notwendigkeiten.

Mark Twain

 

Die Welt hat genug für die Bedürfnisse aller, aber nicht genug für die Gier weniger.

Mahatma Gandhi

 

Die größte Entscheidung deines Lebens liegt darin, dass du dein Leben ändern kannst, indem du deine Geisteshaltung änderst.

Albert Schweitzer

Mein Herr und mein Gott,

nimm alles von mir,

was mich hindert zu Dir!

Mein Herr und mein Gott,

gib alles mir, was mich fördert zu Dir!

Mein Herr und mein Gott,

nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen Dir!

 

Nikolaus von der Flüe

Es ist wichtig, eine alte Lehre anzunehmen, die in verschiedenen religiösen Traditionen und auch in der Bibel vorhanden ist. Es handelt sich um die Überzeugung, dass "weniger mehr ist". (...)

Die christliche Spiritualität regt zu einem Wachstum mit Mäßigkeit an und zu einer Fähigkeit, mit dem Wenigen froh zu sein. Es ist eine Rückkehr zu der Einfachheit, die uns erlaubt innezuhalten, um das Kleine zu würdigen, dankbar zu sein für die Möglichkeiten, die das Leben bietet, ohne uns an das zu hängen, was wir haben, noch uns über das zu grämen, was wir nicht haben.

P. Franziskus, Enzyklika "Laudato si" (222)

 

Man kann wenig benötigen und erfüllt leben, vor allem, wenn man fähig ist, das Gefallen an anderen Dingen zu entwickeln und in den geschwisterlichen Begegnungen, im Dienen, in der Entfaltung der eigenen Charismen, in Musik und Kunst, im Kontakt mit der Natur und im Gebet Erfüllung zu finden. Das Glück erfordert, dass wir verstehen, einige Bedürfnisse, die uns betäuben, einzuschränken, und so ansprechbar bleiben für die vielen Möglichkeiten, die das Leben bietet.

P. Franziskus, Enzyklika "Laudato si" (223)

Die gute Frage: 

Warum ritt Jesus eigentlich auf einem Esel in Jerusalem ein?

Wenn antike Herrscher eine Stadt einnahmen, ritten sie auf Pferden, begleitet von Streitwägen und Soldaten. Jesus setzt bei seinem Einzug in Jerusalem bewusst einen Kontrapunkt: Er ist nicht gekommen, um zu herrschen, sondern um zu retten, zu heilen, aufzurichten. Gilt doch der Esel seit alters her als Tier der Armen und der Friedfertigen.

Jesus nimmt mit dieser Geste auch Bezug auf eine alte Verheißung des Propheten Sacharja, wonach der künftige Friedenskönig dereinst auf einem Esel in die Stadt einziehen werde. Alle vier Evangelisten berichten davon, bei Matthäus ist sogar von einer Eselin und ihrem Fohlen die Rede, die Jesus beide ausborgen lässt.

Dass er Muttertier und Jungtier nicht trennen lässt, ist eine kluge Entscheidung: Es hätte wohl viel Geschrei ausgelöst und unnötige Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Spielten dabei auch tierethische Überlegungen eine Rolle? Wir wissen es nicht, können es aber vermuten.

Dass Jesus auf einem Esel seiner Passion entgegenreitet, wird auch dahingehend interpretiert, dass auch den Tieren ein Kreuz auferlegt ist und diese erlösungsbedürftig sind. Im Römerbrief lesen wir dazu: Denn auch sie, die Schöpfung, soll von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes... (Röm 8,21)

Der steirische Volksschriftsteller Peter Rosegger (1833 - 1918) war nicht nur ein begnadeter Schilderer der bäuerlichen Verhältnisse in seiner "Waldheimat", sondern auch ein wacher, kritischer Beobachter seiner Zeit, der unheilvolle Entwicklungen vorausgesehen hat. Manches liest sich aktueller denn je. An vielen Stellen scheint seine Liebe zum Einfachen, zur Natur, zu den Schwächsten unserer Gesellschaft und nicht zuletzt zu den Tieren durch:

 

 

"Aber es wird ein Zeitpunkt kommen, wo es einfach nicht mehr möglich sein wird, in der heutigen Art fortzuwirtschaften, weil die Degeneration eines Volkes mit zwingender Notwendigkeit eine Regeneration verlangen wird und weil Vernunft den Menschen wieder hinausführen muss auf die ländliche Flur. - Ist also mit der Rückkehr zur Natur lediglich nur das Wiederaufsuchen des ländlichen Lebens gemeint? Nein, noch hunderterlei anderes. Man kann auch in der Stadt zur Natur zurückkehren, zur Zweckmäßigkeit, Einfachheit, Wahrhaftigkeit in Leben und Wandel, in Arbeit und Genuss, in Häuslichkeit und Erziehung. Ob eine Rückkehr zur Natur in diesem Sinne denn gar so unmöglich ist, wie mancher Moderne behauptet? Nein, sie wird nicht möglich, sie wird notwendig sein, jedoch erst bis das Völkergeschick die Menschen reif dazu gemacht hat. Bis dahin werden wir uns wohl noch mancherlei Unbegreiflichkeiten gefallen lassen müssen."

"Einstweilen müssen wir uns das sehr dumme  und verhängnisvolle Urteil abgewöhnen, als ob die Umkehr zur Ländlichkeit, zur Natur Rückschritt bedeute. Das Heimfinden zur Natur ist vielmehr das Ziel unserer Zivilisation. Ein Freund, der dem Verfasser der "Bergpredigten" (Anm.: Hier meint Rosegger sich selbst) bei seiner Arbeit über die Achsel zusah, rief plötzlich aus: "Oh, was du alles ändern möchtest! Da müsste sich ja die Welt auf den Kopf stellen!" - Im Gegenteil, Geschätzter, auf die Füße müsste sie sich stellen, auf dem Kopf steht sie ja heute."

"Wir dürfen es nicht darauf ankommen lassen, dass in unseren Ländern ein starker Baum, ein ursprüngliches Tier, ein wilder Bach zur Kuriosität wird. Wenn wir uns einmal zehn Jahre lang enthalten von all dem überflüssigen Zeug, von den Luxusdingen, in denen jetzt viele nachgerade ersticken, wenn wir uns nur das Nötige, das wahrhaft Nützliche, anschaffen, eine einfache Lebensweise annehmen - in zehn Jahren ist die Industrie reduziert und ins richtige Verhältnis zum Staatsorganismus gebracht."

 

"Wir laufen schnell, wir steigen hoch, wollen weit kommen. Dabei übersehen wir unterwegs das Schöne. Wir müssen lernen, stehen zu bleiben. Dann wird sich´s zeigen, dass das Schöne und Interessante nicht gerade nur hoch oben und weit vorne liegt, dass es vielmehr überall, wo wir gehen und stehen, gleichsam den Weg einsäumt."

 

"Ich beglückwünsche uns, dass wir nicht unsere Nachkommen sind! Die Wälder werden abgeholzt, die Berge aufgeschürft, die Bäche abgeleitet, verunreinigt. Die Wiesen werden mit Fabriken besetzt, die Lüfte mit Rauch erfüllt, die Menschen unruhig, unzufrieden, heimatlos gemacht. Und so fort. Und alles um des Geldes wegen. (...) Geld kann viel Gutes stiften, aber noch mehr Schlechtes. (...) Die Freude an großen Unternehmungen in Ehren, aber nur dann, wenn diese Unternehmungen nicht bessere Werte verwüsten, nicht den Frieden, die reine Lebensfrohheit zerstören."

Wir brauchen nicht so fortzuleben,

wie wir gestern gelebt haben.

Macht euch nur

von dieser Anschauung los,

und tausend Möglichkeiten

laden uns zu neuem Leben ein.

 

Christian Morgenstern