OSTERN / AUFERSTEHUNG

 

Wir müssen unser Leben um jeden Preis verlängern, koste es noch so viele Opfer und Ressourcen, denn mit dem Tod ist alles aus. - So die gängige Meinung. Franz Werfels "Gleichnis der Nacht" durchbricht diesen materialistischen (Irr-) Glauben und verortet unser Leben in weit größeren Zusammenhängen.

Werfel (1890 - 1945) stand stets im Spannungsfeld zwischen Judentum und Christentum. Der zutiefst mystisch veranlagte Autor klagt in seiner Lyrik über die Brutalität und Grausamkeit des Lebens, gleichzeitig erfüllt ihn eine geradezu geschwisterliche All-Liebe zu allen Geschöpfen, zu Tier, zu Baum und Strauch und nicht zuletzt zu Gott.

 

Wer weiß, ob nicht das, was wir Leben nennen, Sterben heißt und Sterben Leben bedeutet.

Euripides

Nur von Verwandelten können Wandlungen ausgehen.

Sören Kierkegaard

 

Der Veränderung die Tür zu verschließen, hieße, das Leben selbst auszusperren.

Walt Whitman

 

         Leben ist Veränderung.          Veränderung ist Leben.

 

 

Die gute Frage:

Was hat der Hase mit dem Osterfest zu tun?

 

Rein biblisch betrachtet, hat der Hase gar nichts mit der Osterbotschaft zu tun. Dass er trotzdem zu dem Ostersymbol wurde, das er heute ist, lässt sich aus verschiedenen Traditionen herleiten. Zum einen tauchten schon vor Jahrhunderten Hasenbilder auf Ostereiern auf: Das sogenannte "Dreihasenbild", das drei Hasen in Kreisform so abbildet, dass ihre beiden Ohren jeweils einem der benachbarten Hasen mit zu gehören scheinen, symbolisiert die Dreifaltigkeit. Zum anderen avancierte der Hase zum Lieferanten der Ostereier, die es von ihm zu verstecken gilt. - Dies war ebenso wie der Adventkranz eine "Erfindung" der bürgerlichen Kultur des städtischen Protestantismus, die Ostern als kindlich-familiäres Fest etablierte. Seinen Durchbruch erlebte der Hase aber erst durch die aufkommende Süßwarenindustrie, die ihn als Schokoladenhase vermarktete. Kulinarischen Ursprungs ist auch die Herleitung des Hasen von einem missglückten bzw. fehlinterpretierten Lamm als Ostergebäck. Denn das Lamm ist das seit ältester Zeit verbreitete Christussymbol und steht für den Sieg des Lebens. Das Lamm ist gewaltlos. Die Gewaltlosigkeit Jesu zeigt sich spätestens in seiner Passion. In der Nachfolge Christi sind auch wir dazu aufgefordert, Gewalt zu verhindern oder wenigstens zu vermindern. Bis sich die Überzeugung durchsetzt, dass damit auch Gewalt gegen Tiere gemeint sein könnte, wird es wohl noch ein weiter Weg sein. Die Idee dazu aber ist alles andere als neu, lesen wir doch schon im Buch der Sprichwörter: "Der Gerechte kümmert sich um das Wohlergehen seines Viehes, aber das Herz der Gottlosen ist grausam." (Spr 12, 10)

Wussten Sie, dass...

Tiere zum Osterfest früher geweihtes Futter bekamen?

 

Am Ostersonntag findet in der Kirche nach dem Festgottesdienst die traditionelle Speisenweihe statt. Als typische Osterspeisen gelten Weißes Brot, Gugelhupf, Eier, Wein, Osterbutter, Salz und der (unvermeidliche?) Osterschinken. Dass Tiere in früherer Zeit nicht bloß "Fleischproduzenten" für österliche Festessen waren, sondern ebenfalls in den Genuss geweihter Speisen kamen, zeigt ein Blick in volkskundliche Aufzeichnungen:

Analog zu "Viehmaulgaben" an den Weihnachtsfeiertagen ("Mettenheu"), gab es für Nutztiere Derartiges auch zum Osterfest. So ist aus dem Gebiet des niederösterreichischen Dunkelsteinerwaldes überliefert, dass die Fütterung von Rindern mit geweihtem Brot, Palmkatzerln sowie Antlasseiern (am Gründonnerstag gelegte Eier) ein bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts geübter Brauch war. Schweine bekamen darüber hinaus die Goldwurzel des Schöllkrautes oder des Türkenbundes verabreicht.

Derartiges Brauchtum offenbart nicht nur lang tradierte volksmedizinische Kenntnisse, sondern auch Vertrauen in den Segen Gottes, das diese Rituale letztlich zum Ausdruck bringen sollte. Wir dürfen annehmen, dass das Fleisch solcherart aufgezogener Tiere noch nicht mit Wachstumshormonen oder  Antibiotika verseucht war.

Ein verantwortungsvoller Umgang mit Tieren kommt letztlich dem Menschen selbst zugute. Was auf unseren Tellern landet, sollte uns nicht egal sein: Wie sagte doch der Philosoph Feuerbach: "Man ist, was man isst!"... 

Wussten Sie, dass...

Ostereier früher ausschließlich rot eingefärbt wurden?

 

Ostereier begegnen uns heute in allen Farben und Schattierungen, verziert, besprenkelt, beschrieben oder beklebt. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurden hierzulande fast ausschließlich rote Ostereier hergestellt bzw. verschenkt, denn das Rot stand für das vergossene Blut Christi. Es ist wohl kein Zufall dass Rot auch die Farbe der Liebe ist, denn "es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt." (Joh 15,13)

Ihr Leben für uns lassen auch die Hühner, allerdings kaum freiwillig: Ein Großteil der beinahe 100 Millionen Schlachttiere, die unserem Appetit in Österreich jährlich zum Opfer fallen, sind Hühner. Legehennen werden im Gegensatz zu wild lebenden Artgenossinnen so hochgezüchtet, dass ihre Lebensdauer als Eier legende "Maschine" sehr kurz bemessen ist. Frisch aus dem Ei geschlüpfte Küken - eines der beliebtesten Ostermotive - wiederum werden, wenn sie das falsche Geschlecht haben, millionenfach vergast oder geschreddert. - Ein unerhörter Frevel an Gottes Schöpfung oder einfach eine rationelle Produktionsweise in der industrialisierten Landwirtschaft? 

Die weltbekannte schweizerisch-amerikanische Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross (1926-2004) arbeitete kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges als Rotkreuz-Helferin in einem soeben befreiten Konzentrationslager, wo sie an den Wänden von Häftlingen eingeritzte Schmetterlinge entdeckte - Ausdruck der Hoffnung auf Auferstehung.

Für die Ärztin, die sich jahrzehntelang mit Sterbenden und deren Erlebnissen beschäftigt hatte (mit 23 Ehrendoktoraten die zu ihrer Zeit akademisch am meisten ausgezeichnete Frau der Welt), war der Tod ein Übergang in eine neue Daseinsform, vergleichbar mit einem Schmetterling, der seinen Kokon abwirft: "Wenn die Zeit reif ist, können wir unseren Körper gehen lassen, und wir werden frei sein von Schmerzen, frei von Ängsten und Sorgen, frei wie ein wunderschöner Schmetterling, der heimkehrt zu Gott.“ 

WER OSTERN KENNT, KANN NICHT VERZWEIFELN.

DIETRICH BONHOEFFER

 

"Wer Ostern kennt, kann nicht verzweifeln." - Das hat der evangelische Theologe und NS-Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer (1906 - 1945) in dunklen Zeiten gesagt. Bonhoeffer wurde am 9. April 1945, kurz nach Ostern hingerichtet.

Ostern ist das wichtigste Fest der Christenheit: Wir feiern, dass Jesus den Tod überwunden hat. Er wurde von den Toten erweckt. Die Hoffnung auf ewiges Leben in der Gemeinschaft mit Gott gilt allen Menschen. 

Gilt diese Hoffnung nur dem Menschen? Der deutsche Schriftsteller Ernst Jünger (1895-1998) schreibt in seinem als Kriegstagebuch verfassten Roman "In Stahlgewittern" (1920), das seine Erlebnisse im 1. Weltkrieg reflektiert, einen sehr bemerkenswerten Eintrag: 

"Wenn die Tiere der Erde, wie ich oft in trüben Stunden fürchte, alle ausgerottet würden, so blieben sie doch in ihrer Unversehrbarkeit bestehen. Sie ruhen im Schöpfer und nur ihr Schein wird ausgetilgt. Jede Zerstörung nimmt nur den Schatten von den Bildern weg."

Auch für den deutschen Reformator Martin Luther war klar, dass die christliche Auferstehungshoffnung nicht nur dem Menschen gilt. Ein Verhältnis zum Tier als Mitgeschöpf erfährt er durch seinen Hund "Tölpel", der quasi zur Familie zählt. Gefragt, ob auch Hunde oder andere Tiere in den Himmel kommen, antwortet Luther "Ja, freilich", das Reich Gottes sei ja keine Wüste, sondern ein Ort des Lebens.

 

AUFERSTEHUNG IN DER NATUR

Wenn die Bibel zu uns von Auferstehung oder vom "Reich Gottes" spricht, bedient sie sich oft der Form des Gleichnisses. In einfachen Vergleichen, oft aus der Natur entnommen, werden uns Zusammenhänge erklärt, die das rein Sinnlich-Fassbare übersteigen. Wer kennt nicht den Vergleich mit dem Samenkorn, das in die Erde fällt, um Frucht zu bringen?

Wenn wir an einem Flussufer spazierengehen, entdecken wir oft runde, vom Wasser glatt geschliffene Steine, die nicht selten von dicken weißen Adern durchzogen sind. Manche von ihnen bilden auch ein Kreuz. 

Als nämlich die Gebirge entstanden und flüssige Lava erkaltete, bildeten sich Risse im Gestein. Das fest werdende Gestein ist dabei zerbrochen. In die Risse des Gesteins ist dann nachströmende heiße Lava eingedrungen, hat das Zerbrochene ausgefüllt und fester zusammengeschweisst als je zuvor. - Was zerbrochen ist, kann wieder heil werden. 

Wer mit offenen Augen durch die Natur wandert, wird bald  einen solchen Stein finden, der - wie zum Trotz gegen alle zerstörerischen Kräfte - ein Kreuz zeigt.

In Sachen "Osterschinken"...

"Wahre menschliche Kultur gibt es erst, wenn nicht nur Menschenfresserei, sondern jede Art des Fleischgenusses als Kannibalismus gilt", schrieb einst der deutsche Dichter Wilhelm Busch (1832-1908). Dieser Überzeugung entsprechend verfasste er auch das Gedicht "Der Schinken aus Westfalen", von uns - in Zeiten des Diskonters - umgeändert auf...

 

Der Schinken aus den Kühlregalen

Bis auf weiteres das Messer blitzt,              Die Schweine schrei´n,                                      Man muss sie halt benutzen,                            Denn jeder denkt "Wozu das Schwein,            Wenn wir es nicht verputzen?"                        Und jeder schmunzelt, jeder nagt                    Nach Art der Kannibalen,                                  Bis man einst "Pfui Teufel!" sagt                      Zum Schinken aus den Kühlregalen.